Interview mit den geschäftsführenden Vorständen des ESVK

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14.01.2015 12:1314.01.2015 12:13 | geschrieben von Manuel Ort

Interview mit den geschäftsführenden Vorständen des ESVK

Ausführliches Interview zum Bürgerentscheid „Eisstadion“

Ausführliches Interview zum Bürgerentscheid „Eisstadion" mit den geschäftsführenden Vorständen des ESVK: Karl-Heinz Kielhorn, Andreas Settele, Kurt Dollhofer.

Frage: Wie notwendig ist aus Vereinssicht ein „Profi-Eistadion" für Kaufbeuren?

ESVK-Vorstände: Aus unserer Sicht ist der Begriff Profi-Eisstadion schon verwirrend und irreführend. Fälschlicherweise könnte man damit verbinden, dass die Stadt ein Stadion für die erste Mannschaft des ESVK baut. Wir betonen ganz bewusst - dies ist nicht der Fall. Der Neubau des Eisstadions ist eine gesamtstädtische Frage mit einem nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Entwicklung unserer Stadt in den kommenden Jahren und Jahrzehnten. Somit bedarf es einer Stadiongröße, die der Bedeutung der Stadt Kaufbeuren als ein bedeutendes Mittelzentrum so wie der weitreichenden Nutzungen durch Schulen, Hobbymannschaften und bei Veranstaltungen gerecht wird. Und natürlich sollte es den Anforderungen des Gesamtvereins ESVK entsprechen. Dies beinhaltet auch eine entsprechende Größe, um dauerhaft wirtschaftlich konkurrenzfähig zu sein. Alle Aspekte gesammelt ergeben eine zwingend notwendige Größe von rund 3500 Zuschauern. Das aktuelle Stadion verfügte vor Schließung im Jahr 2012 über 4.800 Zuschauerplätze.

Frage: Befürchten Sie Auswirkungen für die Stadt Kaufbeuren bei einem Scheitern im Bürgerentscheid?

ESVK-Vorstände: Ohne ein entsprechendes Stadion wird es den ESVK in der jetzigen Form nicht mehr geben. Sowohl die erste Mannschaft wie auch sämtliche Nachwuchsmannschaften müssten vom Spielbetrieb zurückgezogen werden. Für Kaufbeuren dürfte damit das wohl einzige bedeutende Aushängeschild der Stadt für immer verloren gehen. Aus unserer Sicht ein fatales Zeichen für die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt. In wie weit sich davon Investitionswillige Unternehmen beeinflussen lassen oder gar Entscheidungen wie der mögliche Ausbau der B12 tangiert werden, ist natürlich schwer vorhersehbar. Insgesamt aber gibt es genug wissenschaftliche Arbeiten darüber, wie wichtig weiche Standortfaktoren wie ein bundesweit bekannter Sportverein für die Entwicklung, Vermarktung und das Selbstverständnis einer Stadt sind. Somit könnten die Folgen für Kaufbeuren gravierend negativ und nicht reparabel sein.

Frage: Und die Folgen für den ESVK?

ESVK-Vorstände: Ein Nein würde bedeuten, dass - wenn überhaupt - ein Stadion mit einer deutlich geringeren Zuschauerkapazität gebaut würde. Dies hätte solch einen gravierenden Einfluss auf Ligazugehörigkeit, Vermarktung und Wirtschaftlichkeit, dass sowohl die erste Mannschaft wie auch sämtliche Nachwuchsmannschaften vom Spielbetrieb zurückgezogen werden müssten. Der ESVK in seiner jetzigen Form würde wahrscheinlich in die Insolvenz gehen müssen und sich auflösen. Ob sich zukünftig ein kleiner Hobbyverein ohne Ambitionen entwickeln würde, können wir schwer beurteilen. Möglich wäre dies natürlich. Den bundesweit bekannten Eishockeystandort Kaufbeuren würde es aber nicht mehr geben.

Frage: Somit müsste der Bürgerentscheid für den ESVK eine große Gefahr darstellen?

ESVK-Vorstände: Grundsätzlich ist das Recht auf einen Bürgerentscheid gelebte Demokratie und eine Errungenschaft unserer Gesellschaft. In diesem Fall aber hat sich das demokratisch gewählte Gremien unserer Stadt - der Stadtrat - nach Studium aller erforderlichen Zahlen und Fakten mehrheitlich für den Neubau des Eisstadions mit 3.500 Zuschauern ausgesprochen. Damit auch betont, dass Kaufbeuren dieses Stadion braucht und die Finanzierung sichergestellt ist. Dieser Stadtrat ist erst vor wenigen Monaten von den Bürgern Kaufbeurens gewählt worden. Somit hätte es in diesem Fall keinen Bürgerentscheid bedurft. Natürlich aber können wir die Ängste in der Bevölkerung verstehen, die mit der Investition des Neubaus große Einschnitte bei städtischen Aufgaben und bei der Unterstützung anderer Vereinen befürchten. Die Bürgerversammlung der Stadt Kaufbeuren hat in diesem Zusammenhang jedoch gezeigt, dass diese Ängste unbegründet sind.

Frage: All das sind Gründe, die aus Ihrer Sicht ein zum Teil aggressives Verhalten von Fans rechtfertigt?

ESVK-Vorstände: Dies ist nicht korrekt und wird von Vereinsseite abgelehnt. Wir wünschen uns einen offenen, respektvollen und ehrlichen Umgang. Natürlich versuchen wir, in diesem Sinne auf die Fans, die diese Grenze überschreiten Einfluss zu nehmen. Dieses wäre für uns aber einfacher, wenn die Verantwortlichen von „Neues Kaufbeuren" mit ihren gezielten Unrichtigkeiten und Provokationen aufhören würden. Wer sich mit der Verbreitung von Angst, wie z.B. die Renten unserer Senioren seien mit dem Neubau gefährdet, Unterschriften erschleicht, macht sich natürlich für emotionale Ausbrüche angreifbar. Und schaue ich mir zum Teil die gravierenden Wissenslücken bei deren Äußerungen zum Thema Eishockey, Stadion, Verein und Finanzierung an, könnte man schnell zu dem Schluss kommen, dass deren ganze Initiative einer reinen Blockadehaltung entspricht. Aber noch einmal: Beschimpfungen und Drohungen sind kein passendes Mittel und somit zu verurteilen.

Frage: Können Sie Zahlen nennen, die belegen, dass sich ein neues Profi-Eisstadion wirtschaftlich rechnet?

ESVK-Vorstände: Der ESVK bringt der Stadt mit seinem Spielbetrieb, den 50 Angestellten und den rund 55.000 Zuschauern pro Saison Kaufkraft, mehr Übernachtungen sowie zusätzliche Umsätze für Gastronomie und Einzelhandel. Darin enthalten ist die jährliche Stadionmiete, die der Verein an die Stadt zu zahlen hat. Darüber hinaus stellt der ESVK einen spürbaren Wert als Marketingfaktor der Stadt dar. Dies alles sind direkt und indirekt Größenordnungen, die eine Finanzierung über 20 Jahre rechnen lässt.

Frage: Welche Zuschauerkapazität braucht das Stadion aus Sicht des Vereins?

ESVK-Vorstände: Eine Zahl von 2.600 Zuschauern entsprang damals ersten Überlegungen der Stadt. Nach intensiven Planungen war aber schnell klar, dass eine dauerhaft tragfähige Lösung eine höhere Kapazität benötigt. Dies hängt mit wirtschaftlichen Notwendigkeiten des Vereins und deutlich steigenden Zuschauerzahlen bei Neubauten zusammen, sogar unabhängig von einer Ligazugehörigkeit in der DEL 2 oder eventuell in der Oberliga. Gleichzeitig sollte die Größe auch als Aushängeschild der Stadt dienen und die notwendige Voraussetzung für Großveranstaltungen neben dem Eishockey bieten. Außerdem wäre der finanzielle Unterschied wahrscheinlich nur ein geringer einstelliger Millionenbetrag, da die gesamte Infrastruktur und Technik unabhängig von der Zuschaueranzahl gleich bleiben würde. Aus unserer Sicht wäre somit eine Größe unter 3.500 Zuschauern wirtschaftlich ein großer Fehler und bei einer Finanzierung über mehr als 20 Jahre überhaupt nicht notwendig und somit eher kontraproduktiv. Die Ansicht hat am 3. Januar auch unser Landtagsabgeordnete Bernhard Pohl besonders hervorgehoben.

Frage: Wäre ein kleineres Stadion aber nicht eine finanziell bessere Lösung?

ESVK-Vorstände: Wie schon gesagt, dürfte sich die Differenz in einen kleinen einstelligen Millionenbetrag bewegen. Bezogen auf die jährliche Finanzierung samt Unterhalt von rund 1,5 Mio. pro Jahr, käme vielleicht eine Ersparnis in Höhe eines kleineren sechsstelligen Betrages pro Jahr dabei heraus. Eine Größenordnung, der in keiner Relation zu den entstehenden Schwierigkeiten stehen würde. Wie schon angesprochen, wären die Fortführung des Vereins und die Finanzierung des Neubaus arg gefährdet.

Frage: Die sportliche Situation der ersten Mannschaft ist aktuell äußerst schwierig. Welche Gefahr droht bei einem eventuellen Abstieg in die Oberliga?

ESVK-Vorstände: Bei einem Abstieg des Vereins in die Oberliga würde sich die finanzielle Situation nicht grundlegend verändern. Aus der Erfahrung heraus würden die Sponsoring Einnahmen gleich bleiben. Ebenso der Etat der ersten Mannschaft um konkurrenzfähig zu bleiben. Grundsätzlich dürften die Zuschauereinnahmen in der Oberliga im Vergleich zur DEL 2 ähnlich sein. Insgesamt wird man aber durch ein neues, modernes Stadion, und das zeigen alle Beispiele im Eishockey und in anderen Sportarten, in andere Zuschauer- und Vermarktungsdimensionen steigen. Dies erklärt, dass ein möglicher Abstieg in die Oberliga in der Stadionfrage überhaupt keine Relevanz hat.

Frage: Der ESVK ist bekannt für seine erfolgreiche Nachwuchsarbeit. Welche Rolle spielt dabei die erste Mannschaft?

ESVK-Vorstände: Eine erfolgreiche Nachwuchsarbeit hängt von vielen Faktoren ab. Dazu zählt natürlich auch das Thema Vorbilder. Dazu bedarf es einer ersten Mannschaft, die bundesweit einen Stellenwert hat und immer wieder große Spieler herausbringt. In diesem Punkt ist der ESVK in den letzten 60 Jahren sehr erfolgreich gewesen. Darüber hinaus zählt es aber vor allem, welche Qualität sie in der Ausbildung anbieten: dazu gehört das Niveau der Trainer und des Trainings, die Infrastruktur, die Ligazugehörigkeit in den einzelnen Altersgruppen usw. Da der ESVK hier sehr professionell arbeitet und in allen Altersgruppen in der höchsten deutschen Liga spielt, ist der Verein so bekannt für seine Nachwuchsarbeit und beliebt bei externen jungen Spielern - vor allen in der Region.

Frage: Viel wird im Vorfeld des Wahltermins darüber diskutiert, welchen Eigenanteil der ESVK zur Finanzierung des neuen Stadions beitragen sollte. Welche Planungen gibt es dazu im Verein?

ESVK-Vorstände: Der Förderverein des ESVK hat Initiativen zur Unterstützung der Finanzierung eines profitauglichen Eisstadions vorgestellt. Ein Ziel ist es, 1 Million Euro bis 2017 der Stadt für das Stadion zuzuführen. Weiterhin ist es denkbar, ca. 15% des jährlichen Aufwandes über Spenden zu generieren. Es wird kräftig daran gearbeitet. Aus dem ESVK selbst können diverse Eigenarbeiten zum Ausbau von Kabinen oder anderen Gewerken durchgeführt werden. Das kann durchaus auch einen weiteren Millionenbetrag ausmachen.
Weitere konkrete Zahlen sind zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu nennen. Wir stehen in engen Gesprächen diesbezüglich sowohl mit der Stadt wie auch mit dem Förderverein und den Fanclubs und natürlich auch unseren Mitgliedern. Sie können sich sicher sein, dass der Verein alle möglichen Anstrengungen unternimmt, um die Finanzierung dieses wichtigen Projekts für Kaufbeuren spürbar zu unterstützen. Ideen dazu gibt es dazu noch mehr, zum Beispiel auch die Beteiligung von Fans und Zuschauern, die außerhalb Kaufbeurens zu Hause sind.

Frage: Wie sieht die Zukunft des ESVK aus, wenn am Sonntag das Quorum erreicht wird und sich eine Mehrheit gegen ein „Profi-Eisstadion" ausspricht?

ESVK-Vorstände: Dann wird es den ESVK in der jetzigen Form nicht mehr geben. Ein Szenario, welches wir uns gar nicht vorstellen mögen. Insofern appelliere ich an Fans und Nicht-Fans des ESVK, im Sinne des Eishockeystandortes Kaufbeuren und für eine positive Zukunftsfähigkeit unserer Stadt für das profitaugliche Eisstadion zu stimmen.


Das Interview wurde von Medienpartner "Wir sind Kaufbeuren" geführt. 

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