Vereins-News

23.03.2015 19:0023.03.2015 19:00 | geschrieben von Philippe Bader

"Wir müssen wirtschaftlich und strukturell zukunftsfähig sein"

Karl-Heinz Kielhorn äußert sich zur bevorstehenden außerordentlichen Mitgliederversammlung

Herr Kielhorn, am 26.03. findet in der Zeppelinhalle eine außerordentliche Mitgliederversammlung des ESVK statt. Was erwartet die Mitglieder dort?

Wir werden unsere Mitglieder ausführlich über unsere Absicht informieren, den Profibereich des ESVK - sprich die erste Mannschaft - in eine GmbH umzuwandeln.

Warum ist dieser Schritt notwendig?

Die vergangenen zwei, drei Jahre haben uns intensiv vor Augen geführt, dass wir Veränderungen vornehmen müssen, um den Verein wirtschaftlich und strukturell zukunftsfähig zu machen. Wir haben uns dabei auch von Experten beraten lassen und sind mit ihnen zusammen nur zu einer Lösung gekommen - nämlich die Umwandlung des Profibereichs in eine GmbH vorzunehmen. Alle anderen Mannschaften verbleiben übrigens im e.V..

Welche Vorteile bietet die GmbH?

Da kann man etliche nennen. Zum einen sichern wir die Zukunft des Stammvereins und machen ihn unabhängiger vom wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg des Profibereichs. Denn auch in den nächsten 70 Jahren soll es den ESVK noch geben. Bedeutet: In dem theoretischen Fall einer Insolvenz würde das den Stammverein nicht betreffen. Aber genau das, nämlich eine Insolvenz egal ob Verein oder GmbH, soll mit diesen Maßnahmen für die kommenden Jahre und hoffentlich darüber hinaus verhindert werden.
Zudem soll der Profibereich einfach professioneller geführt werden. Eine Kapitalgesellschaft wird mit einem fest angestellten Geschäftsführer das Eishockey in Kaufbeuren breiter und effektiver aufstellen. Allein ehrenamtlich einen Profibereich zu führen und zu verantworten ist nicht mehr zeitgemäß und zielführend.
Zum anderen schaffen wir Strukturen, die den ESVK wesentlich interessanter für Investoren machen. Und nicht zu vergessen: Mit der Umwandlung schauen wir uns jeden Bereich und jede Abteilung - vom Sport bis zum Sponsoring, vom Marketing bis zur Verwaltung - an, um unsere Strukturen noch professioneller zu gestalten.

Welche finanziellen Voraussetzungen müssen bei der Gründung einer GmbH gegeben sein?

Bei der Gründung einer GmbH müssen mindestens 25T Euro Stammkapital eingelegt werden. In diesem Fall wird das mehr sein. Die Lizenzvergabe erfordert schon mindestens eine Absicherung von mehr als 50T Euro, wofür bisher Privatpersonen gerade gestanden haben.

Warum sollte durch eine GmbH ein größerer wirtschaftlicher Erfolg eintreten?

Verbesserte Strukturen machen uns interessanter für die Wirtschaft. Einen Beweis dafür sieht man schon jetzt bei den zukünftigen Gesellschaftern der GmbH, die wir den Mitgliedern natürlich auf der Mitgliederversammlung vorstellen werden. Die Gesellschafter sehen ganz deutlich eine positive Entwicklungschance für den Eishockeystandort Kaufbeuren und wollen ihr finanzielles Engagement noch einmal erheblich aufstocken. Aus unserer Sicht gilt es, dieses Potential des ESVK noch stärker zu nutzen. Wir müssen mit der Zeit gehen und uns an anderen Erfolgsmodellen orientieren. Um dauerhaft im Profisport eine Rolle zu spielen, benötigen wir mehr Kapital. Dies geht fast nur über die Ausgliederung in eine GmbH.

In der Historie des ESVK hat es schon einmal eine GmbH gegeben. Gibt es einen Unterscheid zwischen den jetzigen GmbH-Konzepten und den damaligen der Adler-Zeit?

Es wird einen deutlichen Unterschied geben. Die Verzahnung zwischen Verein und GmbH wird dieses Mal deutlicher im Zuge eines Kooperationsvertrages geregelt. Dadurch wird die GmbH ganz klar auch für die finanzielle Unterstützung des Vereins, der Ausbildung zukünftiger Profis zuständig sein.
Der zu erstellende Kooperationsvertrag wird das "Herzstück" der Organisation für das Eishockey in Kaufbeuren sein. Er wird alles im Sinne des Vereins und der GmbH regeln. Und dieses ohne personelle Aufblähung der Organisation. Verein und GmbH müssen sich natürlich im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten bewegen.
Dabei ist doch festzuhalten: Sowohl Verein als auch GmbH sind auf eine optimale Zusammenarbeit angewiesen. Denn ohne eine erfolgreiche Nachwuchsarbeit hat der Profibereich wenig Chancen – ohne erfolgreichen Profibereich leidet die Nachwuchsarbeit erheblich. Die Gesellschafter werden einen Geschäftsführer für die GmbH bestellen, der eng gemäß Kooperationsvertrag mit dem Verein zusammen arbeiten wird. Dabei wird es grundsätzlich so sein, dass der Verein auf Gelder der GmbH angewiesen sein wird und diese auf Basis des Kooperationsvertrages erhält.

Welchen Zeitplan haben Sie in dem Zusammenhang?

Wichtig ist es, die Konzepte zügig umzusetzen und schon in die neue Saison – möglichst in der DEL2 – mit einer GmbH zu gehen. Dennoch möchte ich betonen, dass die Umwandlung unabhängig von der Ligen Zugehörigkeit auch im Falle eines Abstieges ein notwendiges Muss bedeutet.

Welche Aufgaben übernimmt die jetzige Vorstandschaft in dem neuen Konstrukt?

Wenn es nach uns geht, sollte der Vereins-Vorstand in seiner jetzigen Struktur fortbestehen. Dies beinhaltet auch, dass kein neuer Präsident gesucht werden müsste. Aber all das entscheiden natürlich im Mai die Mitglieder.
Insgesamt behält der jetzige Vorstand im Wesentlichen seine Aufgaben, aber eben in Ergänzung um den Geschäftsführer der GmbH. Als einer der geschäftsführenden Vorstände würde ich auch einer der vier Gesellschafter der GmbH werden. Insofern wird auch hier eine enge Verzahnung von beiden Bereichen erfolgen.
Dies ist auch notwendig, denn die Aufgaben für alle werden umfangreicher: Es gilt, sich bereits in der kommenden Saison für das Jahr 2017 vorzubereiten. Ein Umzug in ein neues Stadion besteht bevor. Mit dem Kommunalunternehmen der Stadt Kaufbeuren sind eine ganze Reihe von Gesprächen notwendig: Wie sehen tatsächlich nachher die Räumlichkeiten im Stadion aus? Wie werden Mietverträge gestaltet? Wie wird das mit den Vermarktungsrechten für das neue Stadion geregelt? Allein an diesen Punkten wird deutlich welche Herausforderungen auf Stadt und Eishockey-Verantwortliche in den kommenden Monaten und Jahren zukommen. All diese Aufgaben, verbunden mit der Führung eines Vereins unserer Größenordnung und Bedeutung, ist mit ehrenamtlichen Strukturen einfach nicht mehr umsetzbar.

Sie sprachen davon, dass Potenzial des ESVK mehr nutzen zu wollen. Worin liegt dieses Potenzial?

Der Traditionsverein ESVK ist im Sport das Aushängeschild des gesamten Allgäus. Kein anderer Verein spielt in einer der fünf größten Herren-Mannschaftsportarten (Eishockey, Fußball, Handball, Basketball oder Volleyball) in einer gleich hohen Liga wie der ESVK und hat diesen bundesweiten Bekanntheitsgrad, nehmen wir in diesem Punkt Füssen aus. Im Jahr 2017 ziehen wir in eine moderne Spielstätte und verbessern dadurch von Grund auf die Aufenthaltsqualität für unsere Zuschauer und die Vermarktungsmöglichkeiten für potenzielle Sponsoren. Hinzukommen unsere weit über 1.000 Mitglieder, die breite Fan-Basis, unser großes Einzugsgebiet, unsere gewaltige Zahl an Ehrenamtlichen und nicht zu vergessen die bundesweit anerkannte Nachwuchsarbeit. Dies alles macht den ESVK als Partner äußerst attraktiv.

Gibt es Gründe, warum die Fans und Mitglieder Angst vor einer GmbH haben könnten?

Aus unserer Sicht überhaupt nicht. Die Mitglieder brauchen hier keine Ängste zu haben und können uns vollkommen vertrauen. Der Kooperationsvertrag zwischen dem e.V. und der GmbH wird alles Wichtige regeln. Unter anderem: die wirtschaftliche Sicherung des e.V., die Sicherung des Namens und der Identität des ESVK und nicht zu vergessen die gerechte und effektive Verteilung sämtlicher Ressourcen. Wir haben bis jetzt viel Zeit und Energie in diese Planung investiert, haben uns bei anderen Vereinen erkundigt und für den ganzen Umwandlungsprozess einen fachlich anerkannten Anwalt hinzugezogen. Auch er sieht diesen Schritt als absolut notwendig an und begleitet uns auf diesem Weg professionell.

Glauben Sie, dass sich die Fans mit dem neuen "ESVK" identifizieren können?

Es wird in dem Sinne ja keinen neuen ESVK geben. Die neue Gesellschaft soll ESVK Betriebs GmbH heißen. Dadurch stellt sich die Frage der Identifikation nicht. ESVK bleibt ESVK.

Die Mitglieder dürfen auf der Versammlung über die Umwandlung abstimmen. Was passiert, wenn deren Votum gegen die Umwandlung ausfallen sollte?

Dies mag ich mir gar nicht vorstellen, denn das würde die Zukunft des ESVK massiv gefährden. Wir gehen aber davon aus, dass die Argumente für diese Vorgehensweise sprechen. Von allen im Vorstand tätigen Personen ist die vorgestellte Richtung einvernehmlich beschlossen worden. Aber auch in den zahlreichen Gesprächen in letzter Zeit – ob mit der Verwaltung, Politikern, Bürger sowie mit Mitgliedern und Fans – ist mir deutlich signalisiert worden, dass dieser Weg richtig und notwendig ist.
Viele Vereine sind diesen Schritt schon lange vor uns gegangen. Die gewaltigen Herausforderungen der letzten drei Jahre hatten dazu geführt, dass wir uns erst um vieles andere kümmern mussten. Doch nun wird es Zeit - denn dieser Weg ist ohne wirkliche Alternative. Fatale Folgen könnten sein, dass dann sowohl der GmbH als auch dem Verein organisatorisch wie auch finanziell erhebliche Nachteile entstehen könnten. Ich hoffe, dass die Mitglieder auf der Versammlung dies auch so sehen und für die Umwandlung stimmen.

 

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